expand LOGIN
Impressum

Strafrecht - Erstattungsfähigkeit der Kosten für den eigenen Sachverständigen

Beitrag von Herrn Rechtsassessor Eichinger (17.05.2019).

Das LG Oldenburg musste klären, ob die Kosten eines von einer Angeklagten eingeholten Privatsachverständigengutachtens erstattet werden. Im Strafverfahren gilt grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz. Staatsanwaltschaft und Gericht sind verpflichtet von Amts wegen sämtliche beweiserheblichen Tatsachen zu ermitteln, auch durch Einholung von Sachverständigengutachten.

Wurde bereits von staatlicher Seite ein Sachverständigengutachten eingeholt, so kann der Beweisantrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens seitens des Angeklagten unter den erleichterten Voraussetzungen des § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO abgelehnt werden. Dann verbleibt nur noch die Möglichkeit auf eigene Faust (und Kosten) ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Im vorliegenden Fall ließ die Staatsanwaltschaft ein Sachverständigengutachten darüber einholen, ob eine beim Einparken ihres Pkws verursachte Beschädigung an einem anderen Fahrzeug von der Angeklagten wahrnehmbar gewesen ist.

Das Gutachten bejahte die Wahrnehmbarkeit. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde vom Amtsgericht Westerstede ein Strafbefehl gegen die Angeklagte erlassen. Ein weiteres, durch die Angeklagte in Auftrag gegebenes Gutachten, kam zu einem anderen Ergebnis. Daraufhin wurde die Angeklagte freigesprochen, die Kosten des Privatgutachtens in Höhe von 595,00 € sollte sie jedoch selbst tragen.

Die Angeklagte richtete sodann mit Erfolg ihre Beschwerde an das LG Oldenburg, welches die Kosten der Staatskasse auferlegte.

So heißt es im Beschluss des LG Oldenburg vom 17.01.2019, 5 Qs 444/18:

„Eine Erstattungsfähigkeit kommt demgegenüber ausnahmsweise in Betracht, wenn sich die Prozesslage des Angeklagten aus seiner Sicht bei verständiger Betrachtung der Beweislage ohne solche eigenen Ermittlungen alsbald erheblich verschlechtert hätte oder wenn komplizierte technische Fragen betroffen sind, so dass insbesondere die Einholung eines Privatgutachtens im Interesse einer effektiven Verteidigung als angemessen und geboten erscheinen durfte.“

Und weiter:

„Mit diesem vorläufigen Beweisergebnis hat die Staatsanwaltschaft gegen die Beschwerdeführerin einen Strafbefehl beantragt, der vom Amtsgericht erlassen wurde. Das Amtsgericht hat damit zum Ausdruck gebracht, dass es die Beschwerdeführerin auf Grundlage der Akten- und Beweislage für hinreichend verdächtig hält (vgl. § 408 Abs. 2 und 3 StPO), so dass diese mit einer überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit rechnen musste. In einem solchen Fall erscheint es im Sinne einer effektiven Verteidigung gegen den Tatvorwurf durchaus notwendig, dem bisherigen Beweisergebnis durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens entgegenzutreten.“

Daraus ergibt sich, dass in Fällen in denen Bereits von staatlicher Seite ein Gutachten beauftragt wurde, welches zu einem für den Angeklagten ungünstigen Ergebnis kam, durchaus erfolgversprechend sein kann, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Im Falle eines Freispruches, gehen die Kosten dann zu Lasten der Staatskasse.

 


Zurück zur Übersicht


Biber & Buchner Rechtsanwälte - Emmeramsplatz 5 - (im Schloss St. Emmeram)
93047 Regensburg – Telefon:  +49 (0)941 – 63 08 29-0 oder Fax: +49 (0)941 – 63 08 29-11
info@biber-rechtsanwaelte.de
Biber Rechtsanwälte in Regensburg