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Mietwagenkosten - Kein Eigenersparnisabzug, wenn fiktive Berechnung nach Schwacke abzüglich Eigenersparnis unterhalb Rechnungsbetrag

Beitrag von Herrn Rechtsanwalt Holder (15.02.2022).

Die Krafthaftpflichtversicherer (Versicherer) weigern sich Mietwagenkosten nach vorliegender Rechnung zu bezahlen. Sie fordern, dass der Rechnungsbetrag mit einer fiktiven Berechnung anhand einer Schätzgrundlage (Etwa Schwacke Mietpreisspiegel) verglichen werden soll. Es soll dann nur der anhand einer Schätzgrundlage ermittelte Mietwagenpreis ersetzt werden.

Die Versicherer wollen sodann immer einen Eigenersparnisabzug vom Rechnungsbetrag vornehmen. Die Versicherer wollen sich zwar auf eine fiktive Berechnung anhand einer Schätzgrundlage berufen, ist dieser Betrag aber höher als der Rechnungsbetrag, soll trotzdem noch ein Eigenersparnisabzug vom Rechnungsbetrag erfolgen.

Die Berufungskammer des LG München II, Urt. v. 11.02.2022, 8 S 1253/20 führt insoweit aus wie folgt:

„Die Mietwagenkosten sind in der Höhe der geltend gemachten 785,40 € erstattungsfähig. Die Kosten sind wie sich aus der vorgelegten Rechnung ergibt, beim Kläger tatsächlich angefallen.

Hinsichtlich des Streits der Parteien über die Angemessenheit von Mietwagenkosten gilt, dass der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Mietkosten verlangen kann (std. Rechtsprechung, vgl. BGH NJW 2009, 58). Zur Herstellung erforderlich sind die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH VersR 2010, 494).

Insoweit schätzt das Berufungsgericht den (fiktiven) erforderlichen Aufwand für die Anmietung gemäß § 249 Abs. 2 BGB nach den Regelungen der Vorschrift des § 287 ZPO unter Verwendung der Tarife des Schwacke-Mietpreisspiegels.

Die hiernach geschätzten fiktiven Kosten der zulässigen Anmietung eines typengleichen Fahrzeugs (abzüglich ersparter Eigenkosten) übersteigen im vorliegenden Fall die vom Geschädigten tatsächlich aufgewendeten Mietwagenkosten erheblich. Somit sind die tatsächlichen Kosten vom Schädiger in vollem Umfang, also ohne Anrechnung ersparter Eigenkosten, zu ersetzen (vgl. OLG Celle NJW-RR 1993, 1052; Berz/Burmann StraßenverkehrsR-HdB, 5. C. Weitere Schäden Rn. 54, beck-online).

Die Beklagten können sich insofern nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Schadensberechnung zur Feststellung der Erforderlichkeit zwingend die Fraunhofer-Tabelle zugrunde zu legen ist. Eine Präferenz einer der beiden Listen existiert am hiesigen Gericht nicht. Angesichts der Regelung des § 287 ZPO hat der BGH nicht nur die Anwendung beider Tabellen gebilligt, sondern auch Abweichungen durch Zu- oder Abschläge (BGH vom 12.04.2011 - VI ZR 300/09; BGH vom 27.12.2012 - VI ZR 40/10; BGH vom 18.12.2012 - VIZR 316/11).

Zusatzkosten für Winterreifen, die in den Grundtarifen von Schwacke und Fraunhofer nicht enthalten sind, und die nach insoweit unstreitig gebliebenem Vortrag am angemieteten Fahrzeug vorhanden waren, sind angesichts der Jahreszeit und der Lage des Anmietungsortes in Süddeutschland in die fiktive Vergleichsberechnung ebenfalls einzustellen.“ [Hervorhebung diesseits]

Dem ist nichts hinzuzufügen. Der Schädiger - respektive der Versicherer - kann sich nicht einerseits auf eine fiktive Berechnung nach einer Schätzgrundlage berufen, dann aber auf den Rechnungsbetrag abstellen, wenn dieser niedriger als der Betrag ist, der anhand der fiktiven Berechnung nach einer Schätzgrundlage ermittelt wurde.

Es gilt gerade nicht das Prinzip der Meistbegünstigung des Schädigers zu Lasten des Geschädigten. Der Schädiger kann sich nicht nach Belieben einmal den günstigeren Rechnungsposten und ein andermal den günstigeren Wert anhand einer Schätzgrundlage „aussuchen“ und seine „Lieblingsrechnung“ zusammenstellen. Eine solche Rosinentheorie ist im Schadensrecht gerade nicht angelegt.

Will man eine Berechnung anhand einer Schätzgrundlage bei Mietwagenkosten gelten lassen, ist der fiktiv anhand der Schätzgrundlage errechnete Betrag dem konkreten Rechnungsbetrag gegenüberzustellen. Bleibt die fiktive Berechnung unterhalb des Rechnungsbetrages ist der fiktive Betrag zu erstatten. Bleibt der Rechnungsbetrag unterhalb der fiktiven Berechnung, ist der Rechnungsbetrag zu erstatten.

Im Schadensfall sollten Sie sich immer von Beginn an anwaltlich vertreten lassen. Nur der fachkundige anwaltliche Vertreter kann dem Versicherer seine Grenzen aufzeigen und den Geschädigten entsprechend beraten. Dies gilt umso mehr, als bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall der gegnerische Versicherer die Kosten der anwaltlichen Vertretung zu bezahlen hat und für Sie damit keine Kosten verbleiben.

Wir sind Spezialisten für Verkehrsunfälle und setzen auch Ihre Interessen mit allem Nachdruck durch.

 

 


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