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Reiserecht – Schraube auf dem Rollfeld als außergewöhnlicher Umstand

Beitrag von Herrn Rechtsanwalt Eichinger (30.10.2020).

Bei erheblichen Verspätungen oder bei der Annullierung von Flügen, welche von einem Flughafen innerhalb der Europäischen Union starten oder welche von einer in der EU ansässigen Fluggesellschaft auf einen solchen Zielflughaften durchgeführt werden, stehen den Fluggästen nach europäischem Recht (Verordnung Nr. 261/2004) Entschädigungszahlungen zu.

Diese Zahlung muss die jeweilige Fluggesellschaft vornehmen, wenn die Verspätung nicht durch einen „außergewöhnlicher Umstand“ verursacht wurde. Bei „außergewöhnlichen Umständen“ handelt es sich beispielsweise um Vogelschlag oder Naturkatastrophen, wie den Ausbruch eines Isländischen Vulkans, der durch seine Aschewolke im April 2010 den Flugverkehr stark einschränkte.

Technische Defekte kommen hingegen üblicherweise nicht als „außergewöhnlicher Umstand“ in Betracht. Eine Ausnahme hiervon machte der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil vom 04.04.2019, C-501/17. Es entschied, dass eine Schraube auf dem Rollfeld, welche bei dem streitgegenständlichen Flugzeug zu einem Reifenschaden führte, ein außergewöhnlicher Umstand sein kann. In seiner Entscheidung bekräftigte der EuGH zunächst den Grundsatz, dass ein technischer Defekt keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt:

„Was die Frage betrifft, ob die Beschädigung der Reifen eines Flugzeugs, die für dessen Betrieb unverzichtbar sind, als „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 eingestuft werden kann, ist zunächst festzustellen, dass das vorzeitige, sogar unerwartete, Auftreten von Mängeln an bestimmten Teilen eines konkreten Flugzeugs ein Vorkommnis ist, das grundsätzlich untrennbar mit dem System zum Betrieb des Flugzeugs verbunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. September 2015, van der Lans, C-257/14, EU:C:2015:618, Rn. 41 und 42, sowie vom 4. Mai 2017, Pešková und Peška, C-315/15, EU:C:2017:342, Rn. 23).“

Da im vorliegenden Fall der technische Defekt jedoch durch einen Fremdkörper verursacht wurde, der der Sphäre der Fluggesellschaft nicht zuzuordnen ist, wurde dann differenziert:

„Wenn jedoch die betreffende Beschädigung ausschließlich auf die Kollision mit einem Fremdkörper zurückzuführen ist – was zu beweisen Sache des Luftfahrtunternehmens ist –, kann diese Beschädigung nicht als untrennbar mit dem System zum Betrieb des Flugzeugs verbunden angesehen werden.“

Wird also durch einen technischen Defekt eine Flugverspätung herbeigeführt, ist Grundsätzlich von der Fluggesellschaft eine Entschädigung zu zahlen. Eine Ausnahme hiervon sind lediglich Beschädigungen die durch Umstände herbeigeführt wurden, welche nicht bei dem normalen Betrieb eines Flugzeugs auftreten - und damit nicht von der Fluggesellschaft beeinflussbar sind. Die Beweislast liegt hier bei der Fluggesellschaft.

Bei relevanten Flugverspätungen empfiehlt sich daher immer, im Einzelfall zu prüfen, ob Entschädigungsleistungen nach der Fluggastrechte-Verordnung gefordert und erfolgsversprechend durchgesetzt werden können.

 


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