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Versicherungsrecht - Rechtschutzversicherung bei Verkehrsunfällen, einmalige Berücksichtigung der Selbstbeteiligung

Beitrag von Herrn Rechtsanwalt Holder (12.04.2019).

Aus einem Verkehrsunfall können sich mehrere rechtliche Angelegenheiten ergeben. Am häufigsten entstehen zwei Angelegenheiten, die zivilrechtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen sowie die Ermittlung der Strafverfolgungsbehörden aufgrund eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens.

Für den Fall, dass eine Rechtsschutzversicherung besteht, ist im Versicherungsfall zumeist eine Selbstbeteiligung hinterlegt. Die Rechtsschutzversicherung übernimmt Zahlungen nur insoweit, als die Selbstbeteiligung in Abzug gebracht wird. Wird von Dritten eine Zahlung vorgenommen - im Schadensfall etwa vom gegnerischen Haftpflichtversicherer - wird diese  im Rahmen des Quotenvorrechts von der Selbstbeteiligung in Abzug gebracht (§ 86 Abs. 1, S. 2 VVG).

Vermehrt konnte in der Praxis beobachtet werden, dass bei mehreren Angelegenheiten aus einem Unfallgeschehen (etwa zivilrechtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen neben der Verteidigung in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren) von der Rechtsschutzversicherung die Selbstbeteiligung für jede Angelegenheit separat in Abzug gebracht wird. Am Beispiel eines zivilrechtlichen Vorgehens neben einer Verteidigung im Ordnungswidrigkeitenverfahren wird die Selbstbeteiligung folglich zweimal in Abzug gebracht.

Wird ein solcher „Doppelabzug“ der Selbstbeteiligung vorgenommen, berufen sich die Rechtsschutzversicherer meist auf § 5 Abs. 3c ARB 2010 (ARB=Allgemeine Rechtsschutzbedingungen), welche inhaltsgleich mit den ARB 1975, ARB 1994 und ARB 2000 sind. Ein solcher in den ARB hinterlegter „Doppelabzug“ bei 2 oder mehr Angelegenheiten aus einem Verkehrsunfallereignis ist unwirksam, es liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor (vgl. zfs 2019, 63).

Bei der Auslegung von ARB ist das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse maßgeblich. Es kommt darauf an, was ein solcher bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs verstehen muss (Bundesgerichtshof (BGH), Urt. v. 16.07.14, IV ZR 88/13).

Nach obiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellt ein Unfall für einen verständigen Versicherungsnehmer nur einen Lebenssachverhalt dar, dies unabhängig davon, ob hieraus zivil- als auch strafrechtliche Angelegenheiten entstehen. Für einen Lebenssachverhalt ergibt sich aus verständiger Sicht, dass die Selbstbeteiligung nur einmal anfällt, auch dies unabhängig davon, ob hieraus zivil- als auch strafrechtliche Angelegenheiten entstehen.

Diese Auslegung folgt auch dem Umstand, dass es bei Rechtsschutzversicherungen eine Maximaldeckungssumme gibt. Diese gilt ebenfalls für einen Lebenssachverhalt, sprich auch für die zivil- und strafrechtliche Angelegenheit, die in einem Verkehrsunfall begründet ist.

Ein Lebenssachverhalt ist ein Versicherungsfall unabhängig davon, wieviele Angelegenheiten sich aus dem Versicherungsfall ergeben. Für einen Versicherungsfall gilt eine Maximaldeckungssumme und die Selbstbeteiligung ist allenfalls einmal - unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts - zu berücksichtigen.

Um zu vermeiden, dass Gerichte die ARB 2010 für unwirksam erklären, wurden die ARB 2012 geändert, dort heißt es:

„Von den von uns zu tragenden Kosten ziehen wir die vereinbarte Selbstbeteiligung je Versicherungsfall ab. Ausnahme: Hängen mehrere Versicherungsfälle zeitlich und ursächlich zusammen, ziehen wir zu Ihren Gunsten die Selbstbeteiligung nur einmal ab.“

Angesichts der Formulierung ist die Selbstbeteiligung nunmehr für einen zeitlich und ursächlich zusammenhängenden Lebenssachverhalt - etwa bei einem Verkehrsunfall - nur einmal in Abzug zu bringen.

Soweit die Maximaldeckungssumme für jeden Versicherungsfall gesondert gilt, können sich aus einem Lebenssachverhalt (bspw. Unfall) mehrere Angelegenheiten und mehrere Versicherungsfälle (bspw. zivil- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Angelegenheit) ergeben, wobei dann die jeweilige Maximaldeckungssumme für jede Angelegenheit/Versicherungsfall gesondert gilt.

Wir prüfen selbstverständlich auch die Aussichten hinsichtlich einer Deckung der Rechtsschutzversicherung.

 


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