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Krafthaftpflichtschäden - Versicherungspflicht eines nicht abgemeldeten Kfz

Beitrag von Herrn Rechtsanwalt Holder (15.02.2019).

Ein Dauerthema in Gesellschaft und Presse ist die Frage, ob und wann bzw. unter welchen Voraussetzungen (Alter, Krankheiten, körperliche oder geistige Beeinträchtigung usw.) die Fahrerlaubnis erlischt. Meist verhält es sich so, dass Verkehrsteilnehmer aber selbst sehr genau wissen, wann sie nicht mehr in der Lage sind ein Kraftfahrzeug (Kfz) sicher zu führen.

Wird die Entscheidung getroffen, dass nicht mehr gefahren wird, stellt sich die Frage, was mit dem Kfz passieren soll. Diese Problematik stellte sich für eine portugiesische Unionsbürgerin. Diese hatte das in ihrem Eigentum stehende Kfz auf ihrem Grundstück abgestellt und beschlossen, dies nicht mehr zu nutzen. Eine offizielle Stilllegung und Abmeldung des Kfz erfolgte aber nicht. Gleichzeitig hat die Unionsbürgerin aber die für ihr Kfz bestehende Kraftfahrthaftpflichtversicherung gekündigt, sodass für dieses kein Versicherungsschutz mehr bestand.

Der Sohn der Unionsbürgerin nutze ihr Kfz in der Folge ohne ihre Erlaubnis und ohne ihr Wissen. Der Sohn kam aufgrund eigenen Verschuldens von der Straße ab. Dies führte zum Tod des Sohnes und zwei weiteren Fahrzeuginsassen. Ein portugiesischer Fond - die nicht versicherte Unfälle regulieren - regulierte sodann die Schäden der weiteren Fahrzeuginsassen und verlangte von der Unionsbürgerin Ersatz der getätigten Schadensersatzzahlungen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte darüber zu entscheiden, ob die Unionsbürgerin - gleichwohl sie den Unfall nicht verschuldete - gegenüber dem Fond ersatzpflichtig sei.

Der EuGH hat mit Urteil vom 04.09.18, C-80/17 ausgeführt wie folgt:

„42 In Anbetracht dessen ist davon auszugehen, dass ein zugelassenes und somit nicht ordnungsgemäß stillgelegtes Fahrzeug, das fahrbereit ist, unter den Begriff „Fahrzeug“ im Sinne von Art. 1 Nr. 1 der Ersten Richtlinie fällt und folglich nicht allein deshalb, weil sein Eigentümer es nicht mehr nutzen will und es auf einem Privatgrundstück abstellt, nicht mehr der Versicherungspflicht gemäß Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie unterliegt.“

Und weiter:

„52 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Abschluss einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung verpflichtend ist, wenn das betreffende Fahrzeug weiterhin in einem Mitgliedstaat zugelassen und fahrbereit ist und wenn es nur deshalb auf einem Privatgrundstück abgestellt wurde, weil sein Eigentümer es nicht mehr nutzen will.

Und weiter:

„57 Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 1 Abs. 4 der Zweiten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die vorsehen, dass die in dieser Vorschrift genannte Stelle ein Rückgriffsrecht nicht nur gegen den oder die für den Unfall Verantwortlichen hat, sondern auch gegen die Person, die eine Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug, das die von dieser Stelle übernommenen Schäden verursacht hat, hätte abschließen müssen, dies aber unterlassen hat; dies gilt auch dann, wenn sie zivilrechtlich nicht für den Unfall verantwortlich ist.“

Der EuGH geht davon aus, dass der Eigentümer eines nicht ordnungsgemäß stillgelegten und fahrbereiten Kfz verpflichtet ist, eine Kraftfahrthaftpflichtversicherung für dieses zu unterhalten. Verstößt der Eigentümer gegen diese Pflicht, kann er durch die jeweiligen Fonds - die nicht versicherte Unfälle regulieren - in Regress genommen werden.

Der Eigentümer haftet für unfallbedingte Schäden dann unabhängig davon, ob er den Unfall verschuldet hat oder sonst zivilrechtlich in Anspruch genommen werden kann.

Nach alledem ist nicht entscheidend, ob der Eigentümer bzw. Verantwortliche das Kfz noch nutzen will oder nicht. Es ist vielmehr anzuraten auch abgestellte und nicht mehr genutzte Kfz stets durch eine Krafthaftpflichtversicherung abzusichern. Erst wenn das Kfz ordnungsgemäß abgemeldet, stillgelegt und bestenfalls auch nicht mehr fahrbereit ist, sollte eine Krafthaftpflichtversicherung auflöst bzw. gekündigt werden.

 


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